Verkehrsunfall in Belgien

Bei einem Autounfall in Belgien gilt es einiges bei der Schadensabwicklung zu beachten. Wir kennen uns mit der Schadensregulierung nach belgischem Recht aus.

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I. Einleitung

Eine Unfallregulierung nach einem Autounfall im Ausland gestaltet sich häufig recht schwierig. Nach einem Verkehrsunfall in Belgien mit einem belgischen Verkehrsteilnehmer ist normalerweise das belgisches Recht anwendbar. Wir kennen und mit der Schadensregulierung nach belgischem Recht aus. Foto: Kagenmi/Bigstock

Bereits ein Verkehrsunfall im Inland ist für die Unfallbeteiligten mit Zeit, Mühe, Kosten und z.T. erheblichen bürokratischem Aufwand verbunden. Doch wie sieht es erst aus, wenn der Schadensfall im Ausland eingetreten ist? Welche Ansprüche bestehen im Vergleich zum deutschen Schadensrecht? Wie kann ich die Sprachbarrieren überwinden und an wen kann ich mich wenden? Wo finden Sie einen kompetenten und erfahrenen Rechtsanwalt, der sich mit der Schadensabwicklung nach belgischem Recht auskennt?

Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen ist Ihr erster Ansprechpartner bei allen Fragen, die eine Unfallregulierung nach belgischem Verkehrsunfallrecht mit sich bringt. Wir setzen auch Ihre Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber dem belgischen Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung konsequent durch.

II. Statistik

Im Jahr 2014 waren in Belgien ca. 7,1 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Im Jahr zuvor ereigneten sich in Belgien etwas mehr als 41.000 Verkehrsunfälle mit Personenschaden, wovon wiederum 676 einen tödlichen Ausgang genommen haben.

III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick

  • Verjährung: Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen gegenüber der gegnerischen Versicherung verjähren nach fünf Jahren (gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem der Geschädigte vom Schaden, von dessen Erhöhung oder der Identität der hierfür haftenden Person Kenntnis genommen hat); absolut verjährt der Anspruch 20 Jahre nach dem Unfallzeitpunkt
  • Verschuldensunabhängige Entschädigung für Fußgänger, Radfahrer und Kfz-Beifahrer
  • Keine Erstattung außergerichtlicher Anwaltshonorare, gerichtlich nur Verfahrensentschädigung
  • Geringe Nutzungsausfallentschädigung
  • Hohe Unkostenpauschale
  • Hinterbliebenenschmerzensgeld für nahe Angehörige

IV. Wer haftet wofür?

1. Kfz-Haftpflichtversicherung

In Belgien müssen alle Kraftfahrzeuge gem. Art. 2 Haftpflichtgesetz haftpflichtversichert sein. Die Versicherungspflicht obliegt dem Besitzer des Kraftfahrzeuges. Es besteht gem. Art. 150 des Gesetzes vom 4. April 2014 betreffend die Versicherungen einen gesetzlichen Direktanspruch gegen den Versicherer. Die Mindestversicherungssumme beträgt für Sachschäden 100 Millionen EUR pro Schadensereignis, für Personenschäden ist sie unbegrenzt.

Nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/103/EG vom 16.9.2009) können Geschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ihren Verkehrsunfallschaden grundsätzlich auch über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem jeweiligen Wohnsitzland abwickeln.

2. Garantiefonds-Eintrittspflicht

Sollte ein Verkehrsunfall mit einem nicht versicherten, nicht ermittelbaren oder gestohlenen oder etwa auch aus Glaubensgründen nicht versicherten Kfz erfolgt sein, so können Schadensersatzansprüche daraus an den belgischen Garantiefonds (Fonds Commun de Garantie) gerichtet werden. Grundsätzlich werden sowohl Sach- als auch Personenschäden ersetzt, wobei durch ein nicht ermittelbares Kfz verursachte Sachschäden nur erstattet werden, wenn gleichzeitig ein erheblicher Personenschaden vorliegt.

3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung

Eine Halterhaftung entsprechend dem deutschen § 7 StVG bzw. eine generelle verschuldensunabhängige (Gefährdungs-)Haftung des Fahrzeugeigentümers besteht in Belgien nicht. Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen können sich jedoch aufgrund einer Verschuldenshaftung ergeben (Art. 1382 ff. Code Civil/Burgerlijk Wetboek). Besonderheiten, die einer Gefährdungshaftung ziemlich nahe kommen, gelten für sog. „schwache Wegbenutzer“ gem. Art 29bis des WAM-Gesetzes. Mit Einfügung des Art. 29bis Haftpflichtgesetz hat der belgische Gesetzgeber versucht, ein System der Gefährdungshaftung nach dem Vorbild des französischen „Loi Badinter“ einzuführen. Fußgänger, Radfahrer oder Kfz-Beifahrer, die durch ein Kraftfahrzeug einen Personenschaden erleiden, erhalten gem. Art. 29abis Haftpflichtgesetz eine verschuldensunabhängige Entschädigungsleistung. Allerdings ist hinsichtlich des Umfangs der Haftung eine deutliche Beschränkung festzustellen. Einerseits wird nur ein besonderer Personenkreis geschützt (so sind beispielsweise nicht die Fahrer der beteiligten Kraftfahrzeuge geschützt), andererseits wird einschränkend nur die Begleichung von Personenschäden garantiert (Sachschäden fallen folglich nicht darunter).

V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung

Unfälle mit Personenschäden sind generell polizeilich aufzunehmen. Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Verständigung der Polizei bzw. zu einer Unfallprotokollierung durch diese. Geht es ausschließlich um Sachschäden, so empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“ (Costat amiable d’acident automobile) zur privaten Aufnahme der Daten der Unfallbeteiligten. Aufgrund der 6. KH-Richtlinie der EU können die Daten der gegnerischen Versicherung bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. Alternativ können Halter- und Versicherungsdaten auch bei der belgischen Zulassungsbehörde (Direction pour l’Immatriculation des Véhicules/Direktie voor de Inschrijving der Voertuigen/DIV) in Erfahrung gebracht werden. Aufgrund der 6. KH-Richtlinie kann die Schadensabwicklung auch im Herkunftsland des Geschädigten vorgenommen werden, wobei im Regelfall das Recht des Unfalllandes zugrunde gelegt wird. Eine Regulierung erfolgt – trotz einer gewissen zu beobachtenden Zögerlichkeit der Versicherungen – in aller Regel dann in einem akzeptablen Zeitrahmen, wenn der Geschädigte die entsprechenden Regeln zur Schadensabwicklung in Belgien entsprechend beachtet. Dazu gehören u.a. die Aufforderung der Gegenseite zur Begutachtung des Fahrzeugs, insbesondere einen von beiden Parteien unterschriebenen Europäischen Unfallbericht, der eindeutig die Haftung der Gegenseite aufweist, etc. Ebenfalls ist hinsichtlich der Verjährung zu beachten, dass – anders als im deutschen Recht – Verhandlungen über den Anspruch grundsätzlich nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen.

VI. Gerichtliche Schadensabwicklung

Die sachliche Zuständigkeit für Verkehrsunfälle liegt in Belgien beim strafrechtlichen Polizeigericht (Tribunal de Police/Politierechtbank). Örtlich zuständig ist das Polizeigericht am Unfallort, am belgischen Wohnsitz des Geschädigten, am Sitz der gegnerischen Versicherung oder am belgischen Wohnort des Unfallverursachers. Zu beachten ist, dass Schadensersatzfragen aus Verkehrsunfällen oftmals in einem Annexverfahren an die strafrechtliche Abhandlung durch das Polizeigericht entschieden werden (sog. Adhäsionsverfahren).

Autounfall in Belgien Schadensabwicklung
Ein Unfall ist schon ärgerlich genug, komplizierter wird es wenn der Unfall im Ausland passiert ist. Bei einem Unfall in Belgien wenden Sie sich am besten direkt an uns. Foto: Sangri/Bigstock

Das Adhäsionsverfahren bietet für den Geschädigten einige Vorteile: so wird ihm beispielsweise die Beweisführung hinsichtlich des Verschuldens durch die Staatsanwaltschaft abgenommen, es entstehen keine Kosten für die Zustellung einer (eigenen) Klage, etc. Die Vorgehensweise läuft dabei so ab, dass sich der Geschädigte – in der Regel durch seinen Anwalt – während oder vor der strafrechtlichen Verhandlung als Zivilpartei bestellt. Sodann wird nach der strafrechtlichen Verhandlung im schriftlichen Verfahren über die Höhe des Schadens gestritten. Allerdings ist in Bezug auf das Adhäsionsverfahren zu beachten, dass eine Akteneinsicht im Strafverfahren erst nach Abschluss der Ermittlungen möglich ist, die sich wiederum selbst bei eher kleineren Unfällen mitunter in die Länge ziehen können. Hinsichtlich der Prozesskosten gilt im Grundsatz Folgendes: jede Partei trägt sowohl im außergerichtlichen als auch im gerichtlichen Verfahren die Kosten des eigenen Anwalts selbst. Bei einem Gerichtsverfahren muss jedoch die unterlegene der obsiegenden Partei eine streitwertabhängige Verfahrensentschädigung zur Abdeckung der Anwaltskosten leisten. Nach der EuGH-Entscheidung vom 13.12.2007 (Rechtssache C-436/06 „Odenbreit“) sowie nach Art. 11 Abs. 1b und 13 EuGVVO kann die belgische Kfz-Versicherung auch am Wohnsitz des Geschädigten (also in Deutschland) verklagt werden.

VII . Einzelne (exemplarische) Schadensposten

Grob gesagt lässt sich feststellen, dass die nach belgischem Recht gewährten Sachschadenspositionen in etwa mit denjenigen in Deutschland vergleichbar sind. Marginale Unterschiede bestehen beispielsweise bei der Bewertung einzelner Posten (u.a. Wertminderung, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten oder Unkostenpauschale). Hinsichtlich des Fahrzeugschadens hat der Geschädigte Anspruch auf Wiederherstellung des Zustands, in dem sich das Fahrzeug vor dem Unfall befunden hat. Gutachterkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich Bestandteil des Schadens und somit erstattungsfähig. Mietwagenkosten werden im Regelfall für die Dauer der der Reparatur erstattet. Eine Nutzungsausfallentschädigung wird für den Warte- und Reparatur-/Wiederbeschaffungszeitraum pauschaliert gezahlt: für einen Pkw handelt es sich pauschal um 20 EUR/Tag und für einen Kombi um 25 EUR/Tag. Ferner wird eine Unkostenpauschale zwischen 62 EUR und 125 EUR für Verwaltungskosten, Korrespondenz und Telefonate empfohlen. Außergerichtlich halten sich die Versicherungen meist an das Minimum. Eine Orientierung hinsichtlich Personenschäden bietet die von der Richterschaft zusammengestellte sog. Indikative Tabelle (Le Tableau Indicatif/Indicative Tabel) in der aktuellen Fassung von 2012. Diese Tabelle hat lediglich Empfehlungscharakter, wird aber bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe in der Regel zugrunde gelegt. Sofern eine Körperverletzung vorliegt, kann der Geschädigte gem. Art. 1382 Code Civil Schmerzensgeld verlangen. Weitere Schmerzensgeldpositionen kommen u.a. dann in Betracht, wenn der Geschädigte beispielsweise eine gewisse Sportart nicht mehr als Hobby ausüben kann. Eine Besonderheit des belgischen Rechts ist die Gewährung von Hinterbliebenenschmerzensgeld gem. der Indikativen Tabelle für nahe Angehörige von Unfallopfern.

VIII. Fazit

Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Belgien. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.

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