Verkehrsunfall in Österreich
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I. Einleitung
Bereits ein Verkehrsunfall im Inland ist für die Unfallbeteiligten mit Zeit, Mühe, Kosten und z.T. erheblichen bürokratischem Aufwand verbunden. Doch wie sieht es erst aus, wenn der Schadensfall im Ausland eingetreten ist? Welche Ansprüche bestehen im Vergleich zum deutschen Schadensrecht? Wie kann ich die Sprachbarrieren überwinden und an wen kann ich mich wenden? Wo finden Sie einen kompetenten und erfahrenen Rechtsanwalt, der sich mit der Schadensabwicklung nach österreichischem Recht auskennt?
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen ist Ihr erster Ansprechpartner bei allen Fragen, die eine Unfallregulierung nach österreichischen Verkehrsunfallrecht mit sich bringt. Wir setzen auch Ihre Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber dem österreichischen Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung konsequent durch.
II. Statistik
Gegen Ende des Jahres 2015 waren ca. 7,4 Millionen Kraftfahrzeuge in das österreichische Zulassungsregister eingetragen, davon etwa 4,8 Millionen PKW. 2014 kam es in Österreich zu 38.000 Verkehrsunfällen mit Personenschäden, bei denen rund 47.700 Personen verletzt und 475 Personen ums Leben kamen.
III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick
- Verjährung: Schadensersatzansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem Schaden und Schädiger dem Geschädigten bekannt geworden sind (§ 1489 ABGB); auch nach § 17 EKHG gilt grds. eine dreijährige Verjährungsfrist (bei Unkenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigem beträgt die Frist 30 Jahre; nach § 27 KHVG unterliegt der Schadensersatzanspruch gegen die Versicherung der gleichen Verjährung wie derjenige gegen den Versicherten und beträgt ebenfalls drei Jahre (längstens aber zehn Jahre ab Unfalldatum)
- Anzeigepflicht nach § 18 EKHG: Ersatzberechtigter muss Unfall innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis dem Ersatzpflichtigen anzeigen
- starke Abweichung des österreichischen Anwaltsgebührenrechts vom deutschen RVG
- Anwaltskosten in Gerichtsverfahren werden nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) berechnet, wobei jede Prozesshandlung gesondert in Rechnung gestellt wird
- Keine Nutzungsausfallentschädigung
- Unfallmeldegebühr (sog. „Blaulichtsteuer“), wenn die Polizei bei einem Sachschaden gerufen wird
- Wertminderung nur für maximal zwei Jahre alte, vorschadensfreie Kraftfahrzeuge im Erstbesitz
- Unkostenpauschale zwischen 30 und 70 EUR
- Abgestufte Schmerzensgeldermittlung für leichte, mittlere, starke oder unerträgliche Schmerzen
- Sog. Trauerschmerzensgeld für engste hinterbliebene Angehörige eines Unfallopfers
IV. Wer haftet wofür?
1. Kfz-Haftpflichtversicherung
Gemäß § 59 Kraftfahrgesetz (KFG) muss für Kfz und Anhänger, die zum Verkehr zugelassen sind, für Probefahrten sowie für Überstellfahrten eine Kfz-Haftpflichtversicherung bestehen. Das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz (KHVG) regelt daneben die Beziehungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Die Mindestversicherungssumme beträgt für Sachschäden 1,2 Millionen EUR pro Schadensereignis und für Personenschäden 5,8 Millionen EUR.
Nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/103/EG vom 16.9.2009) können Geschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ihren Verkehrsunfallschaden grundsätzlich auch über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem jeweiligen Wohnsitzland abwickeln.
2. Garantiefonds-Eintrittspflicht
Sollte ein Verkehrsunfall mit einem nicht versicherten, nicht ermittelbaren oder gestohlenen Kfz erfolgt sein, so können Ansprüche daraus an den österreichischen Garantiefonds (Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs) gerichtet werden. Allerdings werden grundsätzlich und primär Personenschäden ersetzt. Bei nicht ermittelbaren bzw. flüchtigen Unfallverursachern werden Sachschäden (Selbstbeteiligung in Höhe von 220 EUR) nur bei gleichzeitigem Eintritt eines beträchtlichen Personenschadens erstattet. Bei identifizierten, aber unversicherten Unfallverursachern wird bei Sachschäden hingegen kein Selbstbehalt angerechnet.
3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung
Schadensersatz wegen Verkehrsunfällen kann sowohl nach Verschuldens- als auch nach Gefährdungshaftungsgrundsätzen gefordert werden. Die allgemeine Rechtsgrundlage für das Schadensersatzrecht in Österreich ist das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). Dabei geht das ABGB vom Prinzip der Verschuldenshaftung aus (§ 1295 ABGB), wonach Schadensersatz von einer anderen Person grundsätzlich nur dann verlangt werden kann, wenn ein Schaden durch den Schädiger rechtswidrig und schuldhaft verursacht wurde. Ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten wird jedoch berücksichtigt (§ 1304 ABGB). Ein weiterer Zurechnungsgrund im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen stellt die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeug-Haftpflichtgesetz (EKHG) dar. Die Gefährdungshaftung ist in den §§ 1 ff. des EKHG geregelt. Danach haftet der Halter eines Kfz für den Ersatz von Schäden, die dadurch entstehen, dass durch einen Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, verletzt oder eine Sache beschädigt wird (eine Ausnahme stellt § 9 EHKG dar: ein unabwendbares Ereignis). Die einzelnen Schadensposten ergeben sich aus den §§ 12 – 14 EKHG. Für die verschuldensunabhängige Haftung gelten die in §§ 15 und 16 EKHG normierten Haftungshöchstbeträge: bei Personenschäden sind dies 5,8 Millionen EUR pro Unfall (bzw. 1,92 Millionen EUR pro Person), bei Sachschäden 1,2 Millionen EUR. In diesem Zusammenhang ist die in § 18 EKHG enthaltene Regelung unbedingt zu beachten, wonach der Ersatzberechtigte den Unfall innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis dem Ersatzpflichtigen anzeigen muss, da er ansonsten seine Ersatzansprüche verliert.
V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung
Personenschäden sind polizeilich aufzunehmen. Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Verständigung der Polizei bzw. zu einer Unfallprotokollierung durch diese. Wird die Polizei bei Vorliegen eines Sachschadens dennoch hinzugerufen, so wird hierfür der schuldtragenden Seite eine Unfallmeldegebühr in Höhe von 36 EUR auferlegt (sog. „Blaulichtsteuer“). Geht es ausschließlich um Sachschäden, so empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“ zur privaten Aufnahme der Daten der Unfallbeteiligten.
Aufgrund der 6. KH-Richtlinie der EU können die Daten der gegnerischen Versicherung bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. Ferner können Halterdaten von in Österreich zugelassenen Fahrzeugen über die Auskunftsstelle beim dortigen Versicherungsverband (Verband der Versicherungsunternehmen) angefordert werden. Aufgrund der bereits zuvor erwähnten 6. KH-Richtlinie kann die Schadensabwicklung im Herkunftsland des Geschädigten (z.B. in Deutschland) erfolgen, wobei aber in aller Regel das Recht des Unfalllandes zugrunde gelegt wird. Es ist festzustellen, dass die Regulierung von Kfz-Schäden mit österreichischen Versicherungen im Allgemeinen recht unproblematisch ist. In Österreich ist die Beauftragung eines Sachverständigen durch die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung im Rahmen der Schadensregulierung üblich. In einfachen und rechtlich eindeutigen Fällen sind viele Versicherungen auch bereit, dem Geschädigten eine Reparaturkosten-Übernahme-Erklärung auszustellen und die Instandsetzungskosten direkt mit der Werkstatt abzurechnen.
VI. Gerichtliche Schadensabwicklung
In der Regel werden die Parteien versuchen, sich vor Prozessführung außergerichtlich zu einigen. Kommt eine solche Einigung zustande, so wird ein sog. Abfindungsvergleich geschlossen, auf dessen Formulierung genau geachtet werden sollte. Der Abfindungsvergleich ist sittenwidrig, wenn aufgrund des Eintritts nicht vorhersehbarer Folgen ein krasses und unzumutbares Missverhältnis zwischen Schaden und Abfindungssumme besteht. Schadensersatzklagen aus Verkehrsunfällen fallen in der Regel in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte (BG), bei Überschreiten eines Streitwertes von 15.000 EUR in die Zuständigkeit der Landesgerichte (LG). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gem. § 65 Jurisdiktionsnorm (JN) nach dem Wohnsitz (Sitz) des Beklagten bzw. gem. § 92 a JN, § 20 EKHG, Art 5 Z 3 EuGVVO nach dem Unfallort. Ferner kann gemäß der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2007 (Rechtssache C-463/06 „Odenbreit“ sowie Art. 11 Abs. 1b und 13 EuGVVO die gegnerische österreichische Kfz-Haftpflichtversicherung auch am Wohnsitz des Geschädigten (also in Deutschland) verklagt werden. Es besteht absolute Anwaltspflicht bei Verfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz und den Rechtsmittelgerichten sowie bei Verfahren vor dem BG, sofern der Streitwert 5.000 EUR übersteigt. Auch im österreichischen Recht ist grundsätzlich ein Adhäsionsverfahren (sog. Privatbeteiligung) möglich, so dass zivilrechtliche Ansprüche aus strafbaren Handlungen gem. § 67 StPO im Adhäsionsverfahren geltend gemacht werden können. Hinsichtlich der Prozesskosten ist zu beachten, dass diese grundsätzlich zu Lasten der unterliegenden Partei gehen. Bei teilweisem Obsiegen oder Unterliegen werden die Kosten gem. § 43 Abs. 1 ZPO entweder gegeneinander aufgehoben oder verhältnismäßig geteilt.
VII. Einzelne (exemplarische) Schadensposten
Der Geschädigte hat in erster Linie Anspruch auf Naturalrestitution durch Zurückversetzung der beschädigten Sache in den vorigen Stand oder Schaffung einer gleichwertigen Ersatzlage (Ersatz der Reparaturkosten oder Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache). Dabei sind die Reparaturkosten im Einzelfall auch dann zu ersetzen, wenn sie den Wiederbeschaffungswert nur maßvoll überschreiten (um maximal 10 bis 15 %). Ein Schadensnachweis kann grundsätzlich per Reparaturkostenrechnung, Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlag erfolgen. Der Schädiger ist auch zum Ersatz fiktiver Reparaturkosten verpflichtet (sog. „Reparaturkostenablöse“). Allerdings wird dieser Ersatzanspruch auf die Höhe der objektiven Wertminderung beschränkt, d.h. auf die Differenz zwischen dem Zeitwert der Sache in unbeschädigtem Zustand und dem Restwert in beschädigtem Zustand. Dabei ist ein möglicher Rückforderungsvorbehalt zu beachten, da die Rechtsprechung dem Geschädigten den Ersatz der vollen Reparaturkosten nur noch dann vorschussweise gewährt, soweit der Geschädigte seine tatsächliche Reparaturabsicht des Fahrzeuges unter Beweis stellt (Vernehmung der Partei). Ist die Höhe der Reparaturkosten unverhältnismäßig und eine Wiederherstellung des beschädigten Fahrzeugs im Vergleich zum Zeitwert untunlich (d.h. unverhältnismäßig bzw. unwirtschaftlich), so wird in der Regel ein wirtschaftlicher Totalschaden angenommen und die gutachterlich festzustellende Differenz zwischen Zeitwert des Kfz vor dem Unfall und dem Restwert erstattet. Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis erfolgt hingegen selbst noch bei einem Wagen, der bis zu einem Monat alt ist und eine Fahrleistung bis zu 1000 km aufweist. Kosten einer notwendigen außergerichtlichen Sammlung des Beweismaterials und des Prozessstoffes sind grundsätzlich als vorprozessuale Kosten ersatzfähig. Die Kosten für einen Mietwagen – gleich ob bei beruflicher und privater Nutzung – werden für eine angemessene Reparaturdauer grundsätzlich bezahlt, wobei ersparte Eigenkosten dann in Höhe von 10 bis 20 % abgezogen werden. Ferner werden weitere Schadenspositionen wie etwa der Selbstbehalt bei Bestehen einer Vollkaskoversicherung, Rückstufungsschaden in der Kfz-Haftpflicht (nur bei pflichtwidrigem Verhalten des Schädigers), Kosten für die polizeiliche Unfallmeldung („Blaulichtsteuer“), etc. ersetzt. Bei einem Totalschaden wird eine vorhandene österreichische Autobahnvignette ersetzt. Darüber hinaus wird eine allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 30 bis 70 EUR gewährt. Im Falle eines Personenschadens steht bei Körperverletzung neben dem Ersatz der Heilungskosten, des entgangenen und künftig entgehenden Verdienstes auch ein angemessenes Schmerzensgeld zu (§ 1325 ABGB). Darüber hinaus hat der Schädiger dem Geschädigten bei Körperverletzung auf Verlangen ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen (§ 1325 ABGB, § 12 Abs. 1 Z 4, § 13 Z 4 EKHG). Das Schmerzensgeld gilt in Österreich dem Ausgleich für erlittene Schmerzen und entgangene Lebensfreude sowie zur Überwindung von Unlustgefühlen. Maßgeblich für die konkrete Bemessung des Schmerzensgeldes sind Art und Schwere der Verletzungen sowie Dauer und Intensität der Schmerzen, die durch einen medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. In Österreich gibt es ein Angehörigenschmerzensgeld und ein Trauerschmerzensgeld. Das Angehörigenschmerzensgeld stellt einen Ersatz für psychische Beeinträchtigungen von nahen Angehörigen dar, die auf die Benachrichtigung vom Tod oder von schwersten Verletzungen zurückzuführen sind. Das Trauerschmerzensgeld hingegen wird nur bei Vorliegen einer intensiven Gefühlsgemeinschaft zwischen Getötetem und seinen nächsten Angehörigen (Kernfamilie) zuerkannt, sofern der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde.
VIII. Fazit
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Österreich. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.
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