Verkehrsunfall in Portugal
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I. Einleitung
Mit ca. 17 Millionen Touristen allein im Jahr 2015 gehört Portugal zu einem der meistbesuchten Länder der Welt. Das liegt nicht nur an den beliebten Reisezielen Algarve sowie den Inseln Azoren und Madeira. Gerade die pulsierende Hauptstadt Lissabon lockt jährlich viele Besucher und bietet ein vielfältiges touristisches Spektrum. Als westlichster Punkt Kontinentaleuropas wird das Land im Osten und Norden von Spanien begrenzt und eignet sich somit sehr gut für eine Anreise mit dem eigenen Pkw.
Damit Sie diese selbst im Schadensfalle dennoch unbesorgt antreten bzw. fortsetzen können, hat die Verkehrsrechtskanzlei Kotz Ihnen die nachfolgenden Informationen zu der Schadensabwicklung von Verkehrsunfällen in Portugal zusammengestellt. Vertrauen Sie auf unsere langjährige Erfahrung und wenden Sie sich für die Schadensabwicklung von Verkehrsunfällen im In- und Ausland besser direkt an einen starken Partner.
II. Zahlen & Fakten
Die Zulassungszahlen lagen im Jahr 2014 bei über 4,7 Millionen Kraftfahrzeugen. Bei insgesamt 30.600 Verkehrsunfällen mit Personenschäden wurden 2014 in Portugal mehr als 39.000 Personen verletzt und 482 getötet.
III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick
- Verjährung: Schadensersatzansprüche verjähren drei Jahre nach Eintritt des Schadensereignisses
- grundsätzlich keine Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten
- nur teilweise (bzw. prozentuale) Erstattung von Prozesskosten
- keine pauschale Nutzungsentschädigung
- Gutachterkosten werden selten außergerichtlich und meist nur dann erstattet, wenn Gutachter von gegnerischer Versicherung beauftragt wurde oder das Gutachten zum Nachweis eines Totalschadens notwendig ist
- Erstattung von Mietwagenkosten meist nur dann, wenn das Fahrzeug zur Berufsausübung unbedingt benötigt wird
- Wertminderung kaum je erhältlich
- keine Unkostenpauschale
- Bemessung des Schmerzensgeldes (geringer als in Deutschland) mittels Gutachten eines portugiesischen Arztes
- Angehörigenschmerzensgeld
IV. Wer haftet wofür?
1. Kfz-Haftpflichtversicherung
In Portugal wurde eine obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge 1980 eingeführt. Es besteht ein Direktanspruch gegen den portugiesischen Kfz-Versicherer. Für Sachschäden beträgt die Mindestversicherungssumme 1,12 Millionen EUR pro Schadensereignis, für Personenschäden hingegen 5,6 Millionen EUR.
Geschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat können bei einem Verkehrsunfall in Portugal ihren Schaden grundsätzlich auch nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/103/EG vom 16.9.2009) über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem Wohnsitzland abwickeln.
2. Garantiefonds-Eintrittspflicht
Schadensersatzansprüche aus Unfällen mit nicht versicherten oder nicht ermittelbaren Kfz können an den portugiesischen Garantiefonds (Fundo de Garantia Automóvel – ASF) gerichtet werden. Dabei werden grundsätzlich Sach- und Personenschäden ersetzt, mit der Einschränkung, dass durch ein nicht ermittelbares Kfz verursachte Sachschäden nur erstattet werden können, wenn zugleich ein beträchtlicher Personenschaden vorliegt.
3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung
Das portugiesische Zivilgesetzbuch enthält sowohl einen Verschuldenshaftungstatbestand als auch einen Gefährdungshaftungstatbestand. Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen können somit entweder auf Art. 483 Abs. 1 Zivilgesetzbuch (Verschuldenshaftung nach dem Código Cicil) oder aber auf Art. 503 Código Civil (Gefährdungshaftung) gestützt werden. Im Rahmen der Gefährdungshaftung muss grundsätzlich derjenige, der die tatsächliche Aufsicht über ein Fahrzeug hat, für Schäden aufkommen, die mit diesem verursacht werden. Sollte jedoch das Verschulden des Unfallgegners zweifelsfrei erwiesen sein, so kommt nur eine Verschuldenshaftung (und keine Gefährdungshaftung) in Betracht. Eine Haftungsteilung kann sich gem. Art. 570 Abs. 1 Código Civil nach den Grundsätzen des Mitverschuldens ergeben. Sollte bei einer Fahrzeugkollision der Grad des jeweiligen Verschuldens nicht sicher festgestellt werden können, so haften die Unfallbeteiligten gem. Art. 506 Código Civil zu gleichen Teilen.
V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung
Auch in Portugal gilt, was in den meisten europäischen Ländern gilt: Personenschäden sind grundsätzlich von der Polizei aufzunehmen. Bei Unfällen mit bloßen Sachschäden hingegen gibt es keine Verpflichtung zur Verständigung der Polizei bzw. zu einer Unfallprotokollierung durch diese. Geht es ausschließlich um Sachschäden, so empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“ (Declaração amigavel de acidente automovél) zur privaten Aufnahme der Daten der Unfallbeteiligten. Die Daten der gegnerischen Versicherung können aufgrund der 6. KH-Richtlinie auch bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. In Portugal erfolgt die Halterdatenermittlung über die Registrierungsbehörde des jeweiligen Zulassungsbezirks (Conservatória de registo de veículos). Speziell zur Ermittlung der portugiesischen Kfz-Versicherung des Unfallverursachers kann man sich an die zuständige Auskunftsstelle in Lissabon wenden. Aufgrund der 6. KH-Richtlinie kann die Schadensabwicklung problemlos im Herkunftsland des Geschädigten durchgeführt werden. Ggf. empfiehlt sich die Annahme eines außergerichtlichen Vergleiches, da die Gerichtsverfahren in Portugal recht langatmig und (dadurch) auch sehr kostenintensiv sein können.
VI. Gerichtliche Schadensabwicklung
Die örtliche Zuständigkeit für Schadensersatzklagen aus Verkehrsunfällen ist beim Tribunal de Comarca am Unfallort gegeben, das gem. Art. 74 Zivilprozessordnung auch streitwertunabhängig sachlich zuständig ist. Gemäß der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2007 (Rechtssache C-463/06 „Odenbreit“) sowie Art. 11 Abs. 1b und 13 EuGVVO kann die gegnerische portugiesische Kfz-Haftpflichtversicherung auch am Wohnsitz des Geschädigten verklagt werden. Erwähnenswert im portugiesischen Rechtssystem ist die Möglichkeit, alternativ zum gerichtlichen Rechtsweg, bei Streitwerten bis maximal 15.000 EUR das Friedensgericht (Julgado de Paz) mit der Durchführung eines Mediationsverfahrens zu beauftragen. Die Verfahrensdauer eines solchen Mediationsverfahrens beträgt maximal drei Monate (was im Vergleich zur Dauer eines üblichen Gerichtsverfahrens ein entscheidender Vorteil ist). Das Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Julgado de Paz ist die Berufung zum Tribunal de Comarca (allerdings nur möglich, wenn der Streitwert mindestens 2.500 EUR beträgt). Zudem ist ein Adhäsionsverfahren zulässig und üblich, soweit die zivilrechtlichen Ansprüche ihre Ursache in der zur Anklage stehenden Straftat haben (Art. 71 Strafprozessordnung). Auch das Adhäsionsverfahren bietet zeitliche Vorteile, da in Portugal Strafprozesse in aller Regel schneller abgewickelt werden, als rein zivilrechtliche Schadensersatzklageverfahren. Hinsichtlich der Verjährung der Ansprüche gilt: gem. Art. 498 Abs. 1 Código Civil verjähren die Schadensersatzansprüche in drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Geschädigte Kenntnis von dem ihm zustehenden Anspruch erhält, also in der Regel am Unfalltag. Die Dreijahresfrist gilt auch im Rahmen der Gefährdungshaftung. War die widerrechtliche Handlung des Schädigers eine Straftat, durch die Geschädigte schwer oder lebensgefährlich verletzt wurde, beträgt die Verjährungsfrist gem. Art. 117, 148 Strafgesetzbuch (Código Penal) hingegen fünf Jahre.
VII . Einzelne (exemplarische) Schadensposten
1. Sachschäden
Deutsche Geschädigte bzw. deren Anwälte können die Abwicklung von in Portugal eingetretenen Sachschäden relativ problemlos über den in Deutschland ansässigen Schadensregulierungsbeauftragten der portugiesischen Kfz-Haftpflichtversicherung vornehmen. Allerdings weisen einzelne Schadenspositionen deutliche Unterschiede zur deutschen Regulierungspraxis auf (v.a. in Bezug auf Wertminderung, Mietwagenkosten oder Nutzungsausfall).
Reparaturkosten werden gegen Vorlage einer quittierten Werkstattrechnung erstattet. Bei hohen Sachschäden ist meist ein Sachverständigengutachten erforderlich, bei Bagatellschäden reicht hingegen ein Kostenvoranschlag aus. Erfahrungsgemäß wird die Abwicklung durch die Durchführung der Reparatur in einer von der Versicherung vorgeschlagenen portugiesischen Werkstatt und/oder durch die Vorlage eines in Portugal erstellten Sachverständigengutachtens beschleunigt. Bei deutschen Schadensnachweisen ist damit zu rechnen, dass nur der Betrag erstattet wird, den die Reparatur in einer portugiesischen Werkstätte gekostet hätte. Im Falle eines Totalschadens wird der Zeitwert abzüglich des Restwerts ersetzt. Dabei sollte vorzugsweise bereits in Portugal ein Gutachten von einem Sachverständigen, einer Fachwerkstätte oder der gegnerischen Versicherung erstellt werden. Gutachterkosten werden grundsätzlich nur dann erstattet, wenn der Sachverständige von der gegnerischen Versicherung beauftragt worden ist oder das Gutachten zum Nachweis eines Totalschadens zwingend notwendig ist. Mietwagenkosten werden meist nur dann ersetzt, wenn das Kfz zur Berufsausübung unbedingt benötigt wird.
2. Personenschäden
Hinsichtlich der Regulierung von Personenschäden ist die unmittelbare Untersuchung durch einen portugiesischen Arzt von Vorteil. Heilungskosten (angefallene Arzt-, Krankenhaus- und sonstige Heilbehandlungskosten) werden nach portugiesischem Maßstab erstattet und auch nur, soweit nicht die Erstattung durch die eigene Krankenkasse erfolgt. Ersetzt wird auch der Verdienstausfall bei Nachweis durch Arbeitgeberbescheinigung oder Steuerbescheid. Schmerzensgeld wird gem. der Art. 483 und 496 Código Civil sowohl bei Vorliegen von körperlichen Verletzungen als auch bei psychischen Schäden entsprechender Schwere bezahlt. Dieser Anspruch besteht im Rahmen der Verschuldens- und Gefährdungshaftung. Zu beachten ist jedoch, dass die Höhe des Schmerzensgeldes meist deutlich geringer ausfällt als in Deutschland und dass die Vorlage eines Attestes des portugiesischen Arztes durchaus von Vorteil sein kann. Ferner sieht das portugiesische Recht für nahe Angehörige von verstorbenen Unfallopfern ein Angehörigenschmerzensgeld vor.
VIII. Fazit
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Portugal. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.
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