Verkehrsunfall in Estland

Was gilt es nach einem Autounfall in Estland für den Geschädigten zu beachten? Wir regulieren Ihren Verkehrsunfall!

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I. Einleitung

Verkehrsunfall in Estland
Auch wenn nach einem Auslands-Unfall  in Estland die Schadensabwicklung in Deutschland erfolgt, findet in der Regel estnischen Schadensersatzrecht Anwendung.  Foto: RossHelen/Bigstock

Estland mit seiner Hauptstadt Tallinn liegt im Norden des Baltikums. Obwohl Estland mittlerweile über ein gut ausgebautes Straßennetz verfügt, müssen Sie auf Nebenstrecken allerdings mit unbefestigten Wegen rechnen. Vorreiter ist Estland hingegen in Sachen Elektromobilität: es hat als erstes Land der EU und der Welt ein landesweites, öffentlich getragenes Ladesystem für das Aufladen der Batterien von Elektroautos installiert. Es handelt sich dabei um Schnellladesäulen, die im gesamten Land verteilt sind und zumeist lediglich einen Abstand von 40-60 km haben. Mit dieser Ladestationsquote ist Estland im europäischen Vergleich führend, obwohl Norwegen absolut betrachtet über eine weitaus höhere Anzahl an Elektroautos verfügt. Touristisch betrachtet bietet Estland die einmalige Gelegenheit, eine ehemalige Sowjetrepublik und zugleich einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union zu besuchen.

Dabei sind die Spuren der Sowjetära noch überall zu sehen. Geradezu für eine Entdeckung mit dem Pkw bieten sich die kleinen Inseln Estlands an. Sollten Sie allerdings in einen Verkehrsunfall in Estland verwickelt werden, so zögern Sie nicht und konsultieren direkt die Verkehrsrechtsexperten der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen. Wir wickeln für Sie Ihren kompletten Schaden ab und helfen Ihnen, Ihre berechtigten Ansprüche gegen den estnischen Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung.

II. Straßenverkehr und Unfallzahlen

Im Jahr 2014 lag Estland mit 59 Verkehrstoten je 1 Millionen Einwohnern knapp über dem EU-Durchschnitt von 50,5 Verkehrstoten je 1 Millionen Einwohne

III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick

  • Verjährung: Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall beträgt ein Jahr
  • Reparaturkosten werden nach den in Estland geltenden Preisen
  • Erstattung von Gutachterkosten nur, wenn estnische Versicherung den Experten selbst beauftragt hat oder im Rahmen eines Zivilprozesses, wenn das zuständige Gericht ein Gutachten anordnet
  • Wertminderung eher selten
  • nicht erstattet werden: Mietwagenkosten, Nutzungsausfall, eine allgemeine Unkostenpauschale sowie außergerichtliche Anwaltskosten
  • geringe Schmerzensgeldbeträge
  • im Regelfall kein Angehörigenschmerzensgeld

IV. Wer haftet wofür?

1. Kfz-Haftpflichtversicherung

In Estland trat das maßgebliche Gesetz über Verkehrsversicherungen (VVG; liikluskindlustuse seadus) am 1. Oktober 2014 in Kraft. In VVG § 3 Abs. 1 ist die Versicherungspflicht festgelegt. Es besteht das Recht des Geschädigten, eine direkte Forderung an den Versicherer der Verkehrsversicherung des Verursachers des Schadens zu stellen (VVG § 23 Abs. 1 und Schuldrechtsgesetz § 521 Abs. 1). Ohne abweichende (individual-)vertragliche Regelung beträgt die Grenze der maximalen Entschädigung gem. VVG § 25 Abs. 1 für einen Versicherungsfall (unabhängig von der Anzahl der geschädigten Personen, der zerstörten oder beschädigten Sachen) 1.200.000 EUR und bei der Verursachung des Todes, der Gesundheitsschädigung oder des körperlichen Schadens 5.600.000 EUR. Diese Deckungsgrenzen berühren allerdings nicht die Haftung des Verursachers des Schadens selbst. Mit anderen Worten: der Umfang der Haftung des Verursachers des Schadens und der Umfang der Haftung des Versicherers sind nicht zwangsläufig deckungsgleich. Zu beachten ist, dass aufgrund des vergleichsweise jungen Alters des VVG einige Rechtsfragen noch nicht einer gerichtlichen Erklärung zugeführt werden konnten und somit wegen der fehlenden Gerichtspraxis manche Fragestellungen im Einzelfall problematisch sein können. Bei einem Verkehrsunfall in Estland können Unfallgeschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ihren Schaden grundsätzlich auch nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/103/EG vom 16.9.2009) über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem Wohnsitzland abwickeln.

2. Garantiefonds-Eintrittspflicht

Unter gewissen Voraussetzungen können Ansprüche auch an den estnischen Garantiefonds (Eesti Liikluskindlustuse Fond) gerichtet werden.

3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung

Maßgeblich ist das estnische Schuldrechtsgesetz (SRG; võlaõigusseadus), welches am 1. Juli 2002 in Kraft trat. Das SRG sieht eine Verschuldenshaftung des Fahrers in SRG § 1043 vor, wobei die deliktsrechtliche allgemeine Haftung in drei Stufen aufgebaut ist. Auf der ersten Stufe werden die objektiven Tatbestände kontrolliert, auf der zweiten Stufe die Rechtswidrigkeit und auf der dritten Stufe das Verschulden des Verursachers des Schadens. Nicht zuletzt aufgrund des Direktanspruches gegen den Versicherer der Verkehrsversicherung ist in der estnischen Rechtspraxis die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schadensverursacher eher eine Ausnahme als die Regel. Gewöhnlich ist der Fahrer eines Kraftfahrzeugs auch der direkte Besitzer des Kfz, so dass er im Falle des Verursachens eines Schadens gemäß SRG § 1057 im Rahmen einer Gefährdungshaftung zur Verantwortung gezogen werden kann. Eine Gefährdungshaftung sieht das estnische SRG in § 1056 Abs. 1 vor.

V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung

Für die Unfallaufnahme in Estland empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“. Die Daten der gegnerischen Versicherung können aufgrund der 6. KH-Richtlinie auch bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. Die Halter- und Versicherungsdaten können u.a. online abgefragt werden. Gemäß der 6. KH-Richtlinie der EU kann die Schadensabwicklung im Regelfall problemlos auch im Herkunftsland des Geschädigten durchgeführt werden.

VI. Gerichtliche Schadensabwicklung

Das Gerichtssystem in Estland ist dreistufig. Erstinstanzlich zuständig für Zivilsachen sind die Landgerichte, auf zweiter Stufe folgen die Bezirksgerichte und das höchste Gericht ist das sog. Staatsgericht.

VII . Einzelne (exemplarische) Schadensposten

1. Sachschäden

Autounfall in Estland
Foto: Grisha Bruev/Bigstock

In Estland erlittene Sachschäden können in aller Regel relativ problemlos über den in Deutschland ansässigen Schadensregulierungsbeauftragten der zuständigen estnischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung abgewickelt werden. Hinsichtlich der Reparaturkosten hat der Geschädigte gemäß § 26 Abs. 2 VVG im Fall der Beschädigung eines Fahrzeugs das Recht, ein ihm passendes Reparaturunternehmen zur Durchführung der Wiederherstellungsreparatur auszuwählen. In dieser Konstellation muss der Geschädigte dem Versicherer einen Kostenvoranschlag der Reparaturstätte vorlegen. Allerdings ist die Wahlfreiheit des Geschädigten (zumindest gem. der bisherigen Praxis) auf eine Auswahl unter von der Versicherung vorgeschlagenen Alternativen (faktisch) begrenzt. Der Kostenvoranschlag stellt im Allgemeinen die Grundlage des Schadensersatzes dar, wobei der Versicherer letztendlich den tatsächlich angefallenen Schaden ersetzen muss. Ggf. muss der Kostenvoranschlag in bestimmten Fällen korrigiert werden. Was den Minderwert angeht, so gilt Folgendes: gemäß § 26 Abs. 9 VVG wird der merkantile Minderwert dann ersetzt, wenn das Fahrzeug schwer beschädigt wurde und der Geschädigte die Wiederherstellung des Fahrzeugs fordert. Allerdings wird in der Praxis in Estland die Wertminderung selten eingefordert. Auch Mietwagenkosten werden in aller Regel nicht erstattet.

2. Personenschäden

Das SRG enthält bezüglich der Höhe des Schmerzensgeldes keinerlei Tabellen, so dass die Höhe des Schmerzensgeldes vor allem durch die Gerichtspraxis gestaltet wird. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass vergleichsweise geringe Summen (zwischen 1.000-20.000 EUR) als Entschädigung eingefordert wurden. Die Verpflichtung des Versicherers ein Schmerzensgeld zu zahlen ist im VVG (Vgl. § 32 Abs. 3) normiert. Die dabei vorgesehenen Summen sind recht gering und reichen im Fall einer leichten Gesundheitsschädigung oder einer leichten körperlichen Schädigung von 100 EUR bis im Fall einer besonders schweren Gesundheitsschädigung oder körperlichen Schädigung bis hin zu 3.200 EUR.

VIII. Fazit

Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Estland. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.

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