Verkehrsunfall in Luxemburg
I. Einleitung
Das Großherzogtum Luxemburg ist das letzte Großherzog- bzw. Großfürstentum in Europa und ein vergleichsweise kleines, aber in jeder Hinsicht faszinierendes Land. Es ist – neben Malta – das zweitkleinste Land der Europäischen Union und beherbergt einige bedeutende Institutionen, wie beispielsweise den Verwaltungssitz der Europäischen Union, es ist Sitz des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und u.a. des Europäischen Rechnungshofs (EuRH). Zudem grenzt es mit immerhin 135 Kilometern an die Bundesrepublik Deutschland und ist somit sehr gut – gleich ob beruflich oder privat – mit dem PKW zu erreichen.
Doch was sind die rechtlichen Folgen eines Verkehrsunfalles in Luxemburg? Was muss ich als Geschädigter beachten und an wen kann ich mich im Schadensfall wenden?
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen ist Ihr kompetenter Ansprechpartner bei allen Fragen rund um die Schadensregulierung eines sich in Luxemburg ereignenden Verkehrsunfalles. Der nachfolgende Beitrag soll dem Leser einen kleinen Überblick über die Besonderheiten des luxemburgischen Schadensrechts verschaffen.
II. Statistik
Gegen Ende des Jahres 2015 waren ca. 431.000 Kraftfahrzeuge in das luxemburgische Zulassungsregister eingetragen, davon etwa 363.000 PKW. Im Jahr 2014 kam es in Luxemburg zu rund 900 Verkehrsunfällen mit Personenschäden, bei denen 245 Personen schwer verletzt und 35 Verkehrsteilnehmer ums Leben kamen.
III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick
- Verjährung: Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen beträgt gegenüber dem Schädiger 30 Jahre (Art. 2262 Code Civil); gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung nur drei Jahre ab Unfallzeitpunkt (Art. 44 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz v. 27.7.1997)
- Anwaltsvertretung beim Friedensgericht üblich, beim Bezirksgericht Anwaltszwang
- Gerichtssprache Französisch
- Keine verbindliche Regelung der Anwaltskosten (wie beispielsweise durch das deutsche RVG)
- Außergerichtliche und prozessuale Anwaltskosten müssen grundsätzlich (außer bei Vorliegen einer Verkehrsrechtsschutzversicherung) vom Geschädigten selbst getragen werden
- Ersatz von Mietwagenkosten allenfalls für wenige Tage; geringer Nutzungsausfall
- Schmerzensgeld nur im Verschuldensfall (und zudem meist geringer als in Deutschland); Angehörigenschmerzensgeld
IV. Wer haftet wofür?
1. Kfz-Haftpflichtversicherung
Alle motorgetriebenen Fahrzeuge unterliegen in Luxemburg der Kfz-Haftpflichtversicherung auf Grundlage des Gesetzes über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge vom 16.4.2003 (Loi du 16 avril 2003 relative à l’assurance obligatoire de la responsabilité civile en matière de véhicules automoteurs). Art. 5 dieses Gesetzes gewährt einen Direktanspruch des Geschädigten gegen die Versicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs. Die Kfz-Mindestversicherungssummen sind sowohl für Sach- als auch für Personenschäden unbegrenzt.
Nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/103/EG vom 16.9.2009) können Geschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ihren Verkehrsunfallschaden grundsätzlich auch über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem jeweiligen Wohnsitzland abwickeln.
2. Garantiefonds-Eintrittspflicht
Sollte ein Verkehrsunfall mit einem nicht versicherten, nicht ermittelbaren oder gestohlenen Kfz erfolgt sein, so können Ansprüche daraus an den luxemburgischen Garantiefonds (Fonds de Garantie Automobile) gerichtet werden. Grundsätzlich werden Personen- und Sachschäden ersetzt. Letztere allerdings mit der Einschränkung, dass ein Ersatz nur dann stattfindet, wenn zugleich ein beträchtlicher Personenschaden vorzuweisen ist, also in aller Regel nur bei dauerhafter Invalidität oder mindestens dreitägigem Krankenhausaufenthalt. Bei unversicherten Fahrzeugen und einem Sachschaden hat der Geschädigte einen Selbstbehalt in Höhe von 500 EUR zu tragen.
3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung
Bei der Haftung für einen Verkehrsunfall handelt es sich grundsätzlich um eine Verschuldenshaftung (Art. 1382 ff. Code Civil).
V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung
Personenschäden sind polizeilich aufzunehmen. Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Verständigung der Polizei bzw. zu einer Unfallprotokollierung durch diese. Geht es ausschließlich um Sachschäden, so empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“ (Constat amiable d’accident automobile) zur privaten Aufnahme der Daten der Unfallbeteiligten. Aufgrund der 6. KH-Richtlinie der EU können die Daten der gegnerischen Versicherung bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. Ferner können Halterdaten von in Luxemburg zugelassenen Fahrzeugen bei der zentralen Zulassungsstelle in Erfahrung gebracht werden (Société Nationale de Circulation Automobile). Angaben zur Kfz-Haftpflichtversicherung des luxemburgischen Unfallgegners kann der Geschädigte auch über den Garantiefonds erhalten. Aufgrund der bereits zuvor erwähnten 6. KH-Richtlinie kann die Schadensabwicklung im Herkunftsland des Geschädigten (z.B. in Deutschland) erfolgen, wobei aber in aller Regel das Recht des Unfalllandes zugrunde gelegt wird.
VI. Gerichtliche Schadensabwicklung
Die sachliche Zuständigkeit für Unfallsachen liegt für Streitwerte bis 10.000 EUR erstinstanzlich bei den Friedensgerichten (Tribunaux de paix) in Luxemburg-Stadt, Diekirch und Esch-sur-Alzette. Bei Streitwerten über 10.000 EUR liegt die erstinstanzliche Zuständigkeit bei den Bezirksgerichten (Tribunaux d’arrondissement) in Diekirch und Luxemburg.
Es ist zu beachten, dass vor den Bezirksgerichten Anwaltszwang herrscht. Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Gericht am luxemburgischen Wohnort des Unfallgegners oder am Sitz der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung. Im Rahmen eines in Luxemburg möglichen Adhäsionsverfahrens ist das Gericht des Unfallortes hingegen örtlich zuständig. Hinsichtlich der Prozesskosten gilt, dass jede Partei – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – die Kosten des eigenen Anwalts zu tragen hat. Die Gerichtskosten werden hingegen der unterliegenden Partei auferlegt. Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen beträgt gegenüber dem Schädiger 30 Jahre (Art. 2262 Code Civil), gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung nur drei Jahre ab Unfallzeitpunkt (Art. 44 Nr. Versicherungsvertragsgesetz vom 27.7.1997).
VII. Einzelne (exemplarische) Schadensposten
Bei in Luxemburg erlittenen Verkehrsunfällen mit Sachschäden können diese auf Grundlage der 6. KH-Richtlinie über den in Deutschland ansässigen Schadensregulierungsbeauftragten der luxemburgischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung abgewickelt werden. Zunächst einmal hat der Geschädigte einen Anspruch auf Wiederherstellung des Fahrzeugs, wobei geringfügige Schäden (bis etwa 500 EUR) in aller Regel gegen Vorlage einer quittierten Reparaturkostenrechnung oder eines detaillierten Kostenvoranschlags (am besten mit einer Fotodokumentation des Schadens) problemlos erstattet werden. Sollte der Schaden hingegen höher ausfallen, so sollte idealerweise in Absprache mit der Versicherung ein Sachverständigengutachten vorgelegt werden. Bei einem Totalschaden wird in der Regel der Zeitwert ersetzt. Allerdings ist zum Nachweis des Totalschadens grundsätzlich ein Sachverständigengutachten erforderlich, ggfs. in Absprache mit der gegnerischen Versicherung. Gutachterkosten werden in der Regel insbesondere nach Absprache mit der gegnerischen Versicherung übernommen. Eine Wertminderung ist außergerichtlich oft schwer durchsetzbar und erfolgt allenfalls in geringer Höhe, wenn das Fahrzeug neuwertig ist; sonst nur, wenn ein schwerer Schaden vorliegt (bei einem Fahrzeugalter bis zu vier Jahren). Mietwagenkosten werden abzüglich ca. 15 % ersparter Eigenkosten ersetzt, wenn das Fahrzeug beruflich benötigt wird. Eine Nutzungsausfallentschädigung (sog. Immobilisationsentschädigung) wird in Höhe von etwa 12 EUR pro Reparaturtag pauschal abgegolten, bei Totalschaden für etwa fünf Tage. Hinsichtlich eines Personenschadens gilt es festzustellen, dass die Beträge für Schmerzensgelder in Luxemburg tendenziell niedriger ausfallen als in Deutschland. Zudem ist bei schweren Verletzungen meist die Vorlage eines luxemburgischen ärztlichen Attestes erforderlich. Nahe Verwandte von verstorbenen oder schwerstverletzten Unfallopfern haben Anspruch auf Entschädigung für dadurch erlittene psychische Schmerzen.
VIII. Fazit
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Luxemburg. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.
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