Verkehrsunfall in Spanien
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I. Einleitung
Spanien ist und bleibt nach wie vor eines der unangefochtenen Lieblingsreiseziele nicht nur der Deutschen. Im Tourismus-Rekordjahr 2016 befand sich Spanien auf Platz drei der Top-Reiseziele weltweit und war somit das dritt beliebteste Reiseland nach Frankreich und den USA. Mit ihrer besonderen Beziehung zu Spanien haben immerhin etwa 11,4 Millionen Touristen aus Deutschland zu diesem Ergebnis beigetragen.
Doch ganz gleich, ob Sie eher die Kanaren oder aber die Balearen bevorzugen, ob es Sie in die Hauptstadt Spaniens – nach Madrid – oder aber in das Herz Kataloniens – nach Barcelona – verschlägt oder Sie einen entspannten Strandurlaub in Andalusien – beispielsweise an der Costa del Sol – verbringen wollen: die Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen sorgt auch während eines Auslandsaufenthaltes dafür, dass Sie sich in aller Ruhe auf das konzentrieren können, was Ihnen wichtig erscheint.
Sollten Sie also im Ausland in einen Verkehrsunfall verwickelt werden, so zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren und mit der Schadensregulierung zu beauftragen. Langjährige Erfahrung u.a. auf dem Rechtsgebiet des Verkehrsrechts und des Versicherungsrechts sowie das nötige Know-How bei der Regulierung von Auslands-Verkehrsunfällen machen uns zu Ihrem kompetenten Ansprechpartner. Um Ihnen bereits einen ersten groben Überblick über die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede des spanischen Verkehrsunfallrechts im Vergleich zum deutschen Schadensrecht zu vermitteln, soll der nachfolgende Beitrag dienen.
II. Zahlen & Fakten
Im Jahr 2014 waren etwa 31 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen, davon etwa rund 22 Millionen Pkw. Im selben Zeitraum ereigneten sich ca. 91.500 Verkehrsunfälle mit Personenschaden. Insgesamt kamen 1688 Personen ums Leben, 9574 wurden schwer und immerhin 117000 Personen leicht verletzt.
III. Wichtige nationale Besonderheiten im Überblick
- Verjährung: Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen verjähren innerhalb eines Jahres (!) ab dem Unfallzeitpunkt (sehr kurze Verjährungsfrist)
- Bei Personenschäden: Gefährdungshaftung; bei Sachschäden: Verschuldenshaftung
- Anwaltskosten: aufgrund regionaler Anwaltsgebührenordnungen nur Mindesthonorarregelungen und keine Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten
- Teilweise Probleme bei der Anerkennung/Erstattung deutscher Schadensnachweise
- Sachverständigenkosten, Nutzungsausfall, Schadensfinanzierung und Unkostenpauschale werden nicht erstattet
- Angehörigenschmerzensgeld
IV. Wer haftet wofür?
1. Kfz-Haftpflichtversicherung
Die Rechtsgrundlage für die Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge ist in Spanien in Art. 2 des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes vom 29.10.2004 geregelt (Ley sobre Responsibilidad Civil y Seguro en la Circulación de Vehículos a Motor; kurz: LRCSCVM, aktuelle Fassung vom 23.9.2015, in Kraft seit 1.1.2016). Art. 2 LRCSCM fordert, dass jeder Fahrzeughalter, dessen Fahrzeug sich gewöhnlich in Spanien aufhält, einen Haftpflichtversicherungsvertrag abschließen muss. Es besteht ein Direktanspruch des Geschädigten gegenüber der spanischen Kfz-Versicherung, d.h. der Geschädigte und die Erben können die Haftpflichtversicherung des Unfallschädigers direkt bis zur Höhe der Mindestdeckung in Anspruch nehmen (Art. 7 Abs. 1 S. 1 und Art. 4 Abs. 3 LRCSCVM). Die Mindestversicherungssumme beträgt für Sachschäden 15 Millionen EUR pro Schadensereignis und für Personenschäden 70 Millionen EUR. Da Spanien zur EU gehört, können auch in diesem Fall Geschädigte mit Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ihren Verkehrsunfallschaden nach Maßgabe der 6. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie der EU (KH-Richtlinie 2009/1103/EG vom 16.9.2009) grundsätzlich auch über einen Schadensregulierungsbeauftragten in ihrem Wohnsitzland abwickeln.
2. Garantiefonds-Eintrittspflicht
Bei einem Verkehrsunfall mit einem nicht versicherten, nicht ermittelbaren oder gestohlenen Kfz können Ansprüche aus Verkehrsunfällen an den spanischen Garantiefonds (Consorcio de Compensación de Seguros) gerichtet werden. Grundsätzlich werden Personen- und Sachschäden ersetzt. Allerdings werden bei nicht ermittelbaren bzw. flüchtigen Unfallverursachern Sachschäden nur dann erstattet, wenn zugleich ein beträchtlicher Personenschaden vorliegt. Zudem fällt in diesen Konstellationen eine Selbstbeteiligung in Höhe von 500 EUR an. Dieser Selbstbehalt entfällt jedoch aufgrund der 5. KH-Richtlinie (2005/14/EG) bei Sachschäden mit identifizierten, aber unversicherten Unfallverursachern.
3. Verschuldens-/Gefährdungshaftung
Der Fahrer haftet aus Verschulden nur für Sachschäden, Art. 1 Abs. 1 S. 3 LRCSCVM i.V.m. Art. 1902 Código Civil. Der Fahrer ist somit dem Geschädigten gegenüber verantwortlich, soweit er den Tatbestand von Art. 1902 ff. Código Civil erfüllt. Der Geschädigte muss somit folgende Voraussetzungen darlegen und beweisen: ein schuldhaftes Handeln oder Unterlassen, Eintritt eines Schadens sowie die Kausalität zwischen beiden und schuldhaftes Verhalten des Fahrers. Im Falle eines Mitverschuldens verringert sich sein Haftungsanteil entsprechend. Der Schadensersatzanspruch gem. Art. 1092, 1093 Código Civil kann bei gleichzeitiger Verwirklichung einer strafbaren Handlung auch auf Art. 101, 109 ff. Strafgesetzbuch (Código Penal) gestützt werden. Liegt hingegen ein Personenschaden vor, so greift eine Gefährdungshaftung dergestalt, dass der Fahrer nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 LRCSCVM grundsätzlich für diesen Schaden haftet, es sei denn, er kann beweisen, dass der Schaden ausschließlich durch das vorsätzliche oder fahrlässige Verhalten des Geschädigten oder durch höhere Gewalt entstanden ist.
V. Außergerichtliche (einvernehmliche) Schadensabwicklung
Unfälle mit Personenschäden sind grundsätzlich polizeilich aufzunehmen. Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Verständigung der Polizei bzw. zu einer Unfallprotokollierung durch diese. Bei reinen Sachschäden empfiehlt sich die Verwendung eines einheitlichen Formulars des „Europäischen Unfallberichts“ (Déclaration amistosa de accidente) zur privaten Aufnahme der Daten der Unfallbeteiligten. Die Daten der gegnerischen Versicherung können aufgrund der 6. KH-Richtlinie auch bei der hierfür eingerichteten Auskunftsstelle im Wohnsitzland des Geschädigten eingeholt werden. In Deutschland geschieht dies über den Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg.
Kontaktdaten des Halters eines in Spanien zugelassenen Fahrzeugs können über die zuständige Verkehrsbehörde der Provinz (Jefatura Provincial de Tráfico) in Erfahrung gebracht werden. Kfz-Versicherungs-Informationen können über die Auskunftsstelle – die beim Garantiefonds eingerichtet – eingeholt werden. Die Schadensabwicklung kann aufgrund der 6. KH-Richtlinie der EU im Herkunftsland des Geschädigten abgewickelt werden. Bevor der Geschädigte seine Schadensersatzansprüche für einen erlittenen Personenschaden und für materielle Schäden gerichtlich durchsetzen kann, mit der gegnerischen Versicherung in Verbindung setzen, den Versicherungsfall anzeigen und die Zahlung eines Schadensersatzes geltend machen, Art. 7 Abs. 1 S. 4 LRCSCVM. Die Versicherung muss dann binnen einer Frist von drei Monaten nach Erhalt der Schadensersatzforderung entweder ein Angebot (oferta motivada) unterbreiten oder dieses ablehnen (respuesta motivada), Art. 7 Abs. 2 S. 1 LRCSCVM. Sofern die Versicherung zu dem Ergebnis gelangt, dass die seitens des Geschädigten beigebrachten Unterlagen eine Haftung begründen und der Personen- und Sachschaden beziffert werden kann, muss die Versicherung binnen einer Dreimonatsfrist ein detailliertes Angebot unterbreiten (Vgl. Art. 7 Abs. 3 S. 1 des allgemeinen Versicherungsvertragsgesetzes, Ley de Contrato de Seguro, kurz: LCS). Lehnt die Versicherung die Zahlung eines Schadensersatzes ab, so hat sie dies ebenfalls innerhalb der Dreimonatsfrist detailliert zu begründen, Art. 7 Abs. 4 LRCSCVM. Zu beachten ist die sehr kurze Verjährungsfrist: Schadensabwicklungsverhandlungen sollten spätestens ein Jahr nach dem Unfallzeitpunkt zu einem konkreten Ergebnis geführt haben, da sonst mit einer Verjährung der Ansprüche zu rechnen ist.
VI. Gerichtliche Schadensabwicklung
Grundsätzlich kann der Geschädigte seine Schadensersatzansprüche in einem strafrechtlichen (Adhäsions-)Verfahren oder in einem zivilrechtlichen Verfahren durchsetzen. Im zivilrechtlichen Verfahren wird die Klage stets vor dem erstinstanzlichen Gericht (Juzgado de Primera Instancia) erhoben. Bei Streitsummen bis zu 6.000 EUR wird das beschleunigte mündliche Verfahren (juicio verbal) angewandt. Liegt der Streitwert höher, ist das allgemeine ordentliche Verfahren durchzuführen (procedimiento ordinario). Beim mündlichen Verfahren handelt es sich um ein schnelles Verfahren, in dem nach Zulassung der erhobenen Klage durch Gerichtsbeschluss ein Termin anberaumt wird, in dem sämtliche Beweismittel beizubringen sind. In aller Regel ergeht sodann im Anschluss an diesen Termin die Entscheidung. Beim allgemeinen ordentlichen Verfahren wird die durch Gerichtsbeschluss zugelassene Klage der Gegenseite zugestellt, die dann binnen einer Frist von zwanzig Tagen hierauf erwidern kann. Sodann wird ein erster Termin anberaumt, in dem die gestellten Anträge bestätigt, der Streitgegenstand definiert und die Zulassung der einzelnen Beweismittel beantragt werden. Im Anschluss wird der Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Das Verfahren in der ersten Instanz endet mit der gerichtlichen Entscheidung. Örtlich zuständig ist in Spanien sowohl das Gericht am Wohnort des Schädigers/Beklagten, als auch das Gericht um Unfallort oder am Sitz der Versicherungsgesellschaft. Aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2007 (Rechtssache C-463/06) sowie der Art. 11 Abs. 1 b und 13 EuGVVO kann der Geschädigte die gegnerische spanische Kfz-Haftpflichtversicherung auch an seinem Wohnsitz verklagen. Die prozessualen Anwalts- und Gerichtskosten gehen zu Lasten des Schädigers, wenn dieser vollumfänglich unterliegt. Beim sog. Prozessagenten (procurador) handelt es sich um eine spanische prozessuale Besonderheit: dieser Jurist hat die Aufgabe, im Verfahren zwischen Anwalt und Gericht zu vermitteln. Seine Kosten zählen zu den Prozesskosten und werden somit nur dann erstattet, wenn der Kläger vollständig obsiegt.
VII . Einzelne (exemplarische) Schadensposten
1. Sachschäden
Die nachfolgende Darstellung soll sich auf die wesentlichen Unterschiede des spanischen Rechts im Vergleich zur deutschen Rechtslage beschränken. Hervorzuheben sind diesbezüglich v.a. einzelne Schadensersatzpositionen wie Wertminderung, Mietwagenkosten, Nutzungsausfall und Unkostenpauschale). Lässt der Geschädigte das Kfz nicht direkt selber reparieren, so ist es üblich, dass die Versicherungsgesellschaft nach der Schadensmeldung einen Gutachter sendet, der das Fahrzeug untersucht und die anschließende Reparatur überwacht. In diesem Fall rechnet die Versicherung direkt mit der Werkstatt ab. Ansonsten sind dem Geschädigten die Instandsetzungskosten für das Fahrzeug zu ersetzen. Als diesbezüglicher Schadensnachweis kann eine quittierte Reparaturkostenrechnung oder auch ein Sachverständigengutachten präsentiert werden, was allerdings – hinsichtlich der Kostenübernahme – nur in Absprache mit der gegnerischen Versicherung angefertigt werden sollte. Zu beachten ist auch, dass als Schaden in der Regel nur das ersetzt wird, was in Spanien ersetzt worden wäre (Relevanz bei einer Reparatur durch eine Werkstatt im Ausland). Eine Abrechnung fiktiver Reparaturkosten ist nicht möglich. Sofern ein technischer Totalschaden gegeben ist, wird der Zeitwert abzüglich des Restwertes erstattet. Außergerichtlich wird eine Wertminderung nicht als ersatzfähige Schadensposition anerkannt. Etwas anderes gilt allenfalls bei Neuwagen und nur bei gerichtlicher Geltendmachung der Ersatzansprüche. Auch Mietwagenkosten werden in der Regel außergerichtlich nicht erstattet. Eine gerichtliche Geltendmachung ist hingegen nicht ausgeschlossen, wenn das Fahrzeug zur Berufsausübung benötigt wird. Eine Nutzungsausfallentschädigung wird ebenfalls nicht erstattet, da die entgangene Nutzung eines Wagens in Spanien nicht als Schaden anerkannt ist. Eine Unkostenpauschale (z.B. für Telefon- oder Portokosten) wird auch nicht erstattet. Hinsichtlich der Anwaltskosten muss differenziert werden: außergerichtliche Anwaltskosten werden grundsätzlich nicht erstattet und die gerichtlichen Anwaltskosten werden nur bei vollständig gewonnenem Prozess erstattet, Art. 394 Abs. 1 LEC (Zivilprozessordnung).
2. Personenschäden
Als Schadensnachweise sollten – wenn möglich – medizinische Gutachten spanischer Ärzte vorgelegt werden, da entsprechende Atteste ausländischer Ärzte nicht in allen Fällen von spanischen Versicherungen anerkannt werden. Heilbehandlungskosten, die notwendig und nachweislich durch das Schadensereignis entstanden sind, werden grundsätzlich erstattet. Die Bemessungsgrundlagen für die Zahlung eines Schmerzensgeldes richten sich nach einem Tabellensystem (Baremo). Allerdings hat das Baremo-System durch eine Gesetzesänderung (Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 35/2015 zum 1.1.2016) einige – z.T. grundlegende – Änderungen erfahren: es soll nun weniger komplex sein, das Prinzip des vollen Schadensausgleichs stärker berücksichtigen und zudem wurden die tabellarischen Schadensersatzbeträge entsprechend nach oben korrigiert. Darüber hinaus besteht nach spanischem Recht ein Anspruch auf Angehörigenschmerzensgeld.
VIII. Fazit
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz unterstützt Sie gerne bei der Schadensregulierung Ihres Verkehrsunfalls in Spanien. Vereinbaren Sie einfach einen Beratungstermin in unserer Fachanwaltskanzlei für Verkehrsrecht in Kreuztal bei Siegen oder nutzen Sie die Möglichkeit der Online-Rechtsberatung.
Rechtsanwaltskanzlei Kotz – Mit uns fahren Sie immer besser!